Warum ich mache, was ich mache
Zu aller erst sollte vermutlich die Frage geklärt werden, was das hier eigentlich ist. Ich halte Ameisen. Nicht zum ersten Mal, aber durchaus erstmals freiwillig.
Schon als Kind fand ich die Tierchen faszinierend. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich viele Stunden auf meinem Skateboard sitzend verbracht habe und dabei unzählige Ameisen an der Außenfassade des Hauses, in dem ich wohnte, zerquetscht habe. Es war ein Gefühl von Gottsein. Das machen nicht nur Kinder, glaube ich. „Gib einem Menschen Macht und er massakriert Ameisen“, heißt es ja.
Und tatsächlich; als ich meiner lieben Frau Mutter mitgeteilt habe, dass ich mir Ameisen als Haustiere halten möchte, erinnerte sie mich, dass ich ja schon mal Ameisen in der Wohnung gehabt hätte und die nicht schnell genug loswerden konnte. Das stimmt. Aber es ist eine Art Wiedergutmachung an das Universum, Karma, wenn man so will: Einen Stamm habe ich ausgelöscht, einen will ich großziehen.
Auch in meinem Freundeskreis habe ich sehr viel Spott geerntet für diese Idee – anfangs. Denn auch wenn es erstmal absurd klingt, diese kleinen Insekten freiwillig zu Hause halten zu wollen, wurde bei fast allen meinen Freunden auch ein Interesse geweckt, wie das so ist und was passiert. Ich glaube hier entstand der Gedanke, einen Blog zu schreiben. Und genau das versuche ich jetzt einfach mal. Ich könnte die Begründungen auch noch weiter ausführen, aber das wird vermutlich zu langweilig. Daher werde ich versuchen, immer wieder mal etwas einzustreuen.
Der Tagebuchticker
Genug Erklärung an dieser Stelle. Ich will gern von den ersten drei Tagen erzählen:
Montag: Besuch im ANTSTORE in Berlin Steglitz. Dort habe ich mich nach ausführlicher Beratung für eine Ameisenart und ein entsprechendes Formicarium entschieden, Geld bezahlt und bin nach Hause gedüst. Man kann sich das meiste auch per Post zuschicken lassen (ja, auch die Ameisen an sich), aber das wollte ich nicht so recht. Einige vertragen das auch nicht. Und bei der Hitze der letzten Wochen ist das auch eine Zumutung. Wer von euch würde sich denn gern in ein Paket eintüten lassen um dann rüttelnd und schüttelnd und im Dunklen sitzend über ein paar Tage bei 30 Grad irgendwo absetzen lassen? Niemand.

Ich habe das Formicarium entsprechend der Youtube-Anleitung (lahmes Video, aber ganz nützlich) aufgebaut und ohne Deko das Reagenzglas mit der Königin, einer Brut von ca. 10 Eiern und 9 oder 10 Arbeiterinnen reingelegt. Das zählen ist jetzt schon ein Problem für mich. Als der Pfropfen weg war, dauerte es nur 10 Minuten bis Späherin Sabine ihrer Arbeit nachkam und alles genau erkundete.

Dienstag: Gleich am frühen Morgen (gegen 12) habe ich erstmals Nahrung bereitgestellt. Ein Mix aus Proteinen und Kohlenhydraten auf der einen Seite und auf der anderen Seite des Formicariums einen Tropfen Honigzuckerlösung. Der Mix wurde nach etwa einer Stunde entdeckt und Jägerin Jana hat sofort einen kleinen Teil davon aufgenommen und an die anderen Ameisen verteilt. Ein großer Ansturm wie auf die Habseligkeiten, die wir an den Stränden immer dabei haben, blieb allerdings aus. Dafür hat Bauarbeiterin Bob (Roberta) aber Körnchen für Körnchen Sand in das Reagenzglas geschleppt. Die Baupläne habe ich angefordert, eine Antwort steht allerdings noch aus. Laut ANTSTORE kann es 2-4 Wochen dauern, bis die Ameisen aus ihrem bekannten Heim aus- und das Nest (die Wand mit den zwei Löchern) beziehen.

Mittwoch: Das Futter wurde nicht so recht angerührt, dafür aber der Honig entdeckt. Hier ist auch das passiert, was ich eigentlich erhofft hatte: Die Aufpasserin Antjes, die aktuell immer bei der Königin und der Brut hocken, haben sich losgelöst und waren nun immerhin paarweise an der Nahrung. Den Futtermix habe ich mit einem Tropfen Wasser angemischt, wie es empfohlen wurde, leider wurde er noch immer nicht angenommen. Gerade für die Brut sind die Proteine unglaublich wichtig.
Und Bob hat ihren Sandhaufen inzwischen verdoppelt.

Jetzt bin ich ein paar Tage unterwegs, mal schauen, was bis dann sein wird.
Ich freue mich über Kommentare, Grüße und Anregungen!
Benjameise
